Video-Codec-Krieg: Google vs. Apple

Dass der Video-Codec H.264 eine ziemliche Patent-Hölle ist, habe ich ja schon mal hier beschrieben. Deswegen hat Google vor einiger Zeit sein eigenes open-source Projekt webm an den Start gebracht. Der Video-Codec baut auf On2-Technologien auf und kann nahezu vollständig mit H.264 mithalten. Zumindest ersparen sich dadurch viele Entwickler, gerade Software-Entwickler, mehrere Tausend Euros an Lizenzkosten an den Patent-Inhaber MPEG-LA, wenn sie einen Video-Encoder für H.264 integrieren wollen. Die Engine, mit der wir derzeit arbeiten, konvertiert deswegen alles schön in Ogg-Theora (leider noch nicht in das fortschrittlichere webm), damit sie sich schön die Lizenzkosten für einen mitglieferten Decoder sparen können. Eine Ausnahme bietet wie immer nur Apple, weil dort H.264 Standard ist und sich deswegen immer noch viele Webbetreiber genötigt sehen, Videos auch in diesem Format anzulegen, damit iPad-Nutzer die Videos auf ihrem Device auch sehen können.

Ich persönlich würde es weiterhin sehr begrüßen, wenn webm sich endlich als Standard durchsetzt. Man hat endlich patentrechtliche und lizenztechnische Sicherheit, viele Tools können den Codec endlich ohne Probleme mitliefern und ohne externe Player oder externe Codec-Libs benutzen, gerade auch Game-Engines, Webseitenbetreiber brauchen keine Angst mehr vor Klagen zu haben, wenn sie das 12-Minuten-Limit (unter dem H.264 lizenzfrei bleibt) überschreiten, höhere Performanz gerade auf schwächeren Endgeräten und und und… Das einzige, was noch für H.264 steht, ist die leicht bessere Qualität und natürlich der immer noch hohe Support bei Endgeräten.

Bei der Qualität, die wirklich nur noch marginal ist, mache ich mir keine Sorgen. Hier schließt das Team rasant auf und Reserven nach oben sind vorhanden. Bei den Endgeräten bin ich mir nicht so sicher. Apple ist mit MPEG-LA quasi im Bett, wird also so schnell von H.264 nicht ablassen.

Aber wie sieht es mit den Webanwendungen aus? Da gibt es zwei spannende Neuigkeiten:

1. Google Chrome entfernt den H.264 Support. Es wird ab sofort nur noch webm in HTML5 unterstützt.

2. Auch Adobe Flash will webm aufnehmen.

Grundsätzlich gibt es auch für niemanden einen Grund, es nicht zu tun. Kost ja nix. Bleibt die Frage, ob hier langfristig genug Druck vorhanden ist und wer den Formatkrieg gewinnt. Google will hier definitiv nach vorne kommen. Deren konzerneigene Tochter Youtube scheint es auch etwas zu stinken, dass sie alle Videos momentan in zig Formaten abspeichern müssen, darunter natürlich auch das lizenzpflichtige H.264, damit die Videos auch auf Apple Geräten gesehen werden können. Wenn sich Google entscheidet, H.264 von der Youtube-Plattform zu ziehen und nur noch in VP-Codecs (darunter also auch webm, das ist quasi VP8) zu konvertieren, sehen alle i-Benutzer wortwörtlich erst mal in die Röhre. Zumindest so lange Apple nicht Flash im Browser zulässt (und genau das ist auch der Grund, warum sie das bislang nicht tun, um Formaten wie webm keine Plattform über den Umweg eines Flash-Containers zu geben).

Firefox hat schon aus ideologischen Gründen H.264 aus seinem Browser verbannt, Opera setzt auch auf webm und Internet Explorer rüstet gerade mit Plugins nach. Safari wird hingegen webm weiterhin logischerweise nicht unterstützen. Kurz gesagt: Setze ich auf webm, bin ich auf Apple-Computern nicht zu sehen. Setze ich auf H.264, auf den meisten anderen nicht. Das wird ein spannender HTML5-Kampf.

Dazu noch eine Browser-Anteil-Statistik zum selbst überlegen:

  • Internet Explorer 17,4% (H.264 + webm via Plugin)
  • Firefox 63,0% (webm)
  • Opera 7,7% (webm)
  • Safari   5,2% (H.264)
  • Chrome   3,0% (webm)
  1. webm: 88,1% Reichweite
  2. H.264:  22,6% Reichweite

Sind natürlich nur Richtwerte.

Siehe auch hier.

0 Gedanken zu “Video-Codec-Krieg: Google vs. Apple”

  1. Was genau spricht denn für Apple dann dagegen, webm in Safari zu implementieren? Meiner Meinung nach die Starke Integration im MPEG-LA Konsortium. Dass sie gleichzeitig natürlich Cocoa voranbringen wollen, steht ausser Frage. 🙂

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