Du kämpft härter als du fickst

Oh, Noam Murro! Du hast nichts begriffen. Nicht die eigentliche Seele von Frank Millers Mythosinterpretation, nicht seine Bildsprache, nicht seine Dialoge und erst recht nicht seine Lyrik. Was stand da eigentlich in dem Drehbuch von 300: Rise of an Empire drin? „Xerxes setzt sich hin, nimmt ein kleines Gläschen Wein und knabbert dann grundlos an einem noch kleineren Chicken-Wing herum.“? Denn: Sowas kommt da wirklich vor. Die ganze Zeit.

Danke, dass deine Off-Monologe diesmal das Kinopublikum nicht mit dem Spagat zwischen Bildsprache und Poesie überfordern, sondern mir einfach nur erklären, was ich längst sehe und mich nicht die Bohne interessiert. Auch die Athener müssen über nichts mehr nachdenken! Themistokles animiert seine Männer auf der stürmischen See dabei mit so gewaltigen Reden wie: „Jetzt gut festhalten!“. Aha. Hätte ich nicht gedacht.

War der Vorgänger somit wenigstens noch eine erfrischende Montage zwischen Comiclook, Hochglanzwerbung und Millers Feinschliff-Minimal-Text, erleben wir hier zwei völlig unfähige Schauspieler bei dem Versuch ein gewaltiges Cosplay-Event abzuziehen, ohne in irgendeiner Form verinnerlicht zu haben, was Griechenland, Sparta und Persien eigentlich genau ist – oder sich zumindest bemühen würden, den anthiken Sprachduktus zu verinnerlichen und nicht wie in einem schlechten Testosteron-Ego-Shooter daher zu sabbeln – mit dem Unterschied, dass einem Ego-Shooter zugucken abwechslungsreicher ist, als jede Idee dieser Kampfeinlagen). Dabei vergewaltigen sie so ziemlich alles, für was die griechische Mythologie steht.

Apropos Vergewaltigung: Wenn Themistokles (Stapleton) Artemisia (Eva Green) vögelt (oder auch nicht, und das natürlich auf griechisch), dann macht Murro daraus tatsächlich eine Softsex-Szene. Deutlicher kann man den Grundsatz jeder griechischen Mythologie nicht aus ihrer heuristischen Sagengestalt entkleiden. Das ist scheinbar auch den Machern aufgefallen, denn sie schaffen die Auflösung der Szene lediglich noch über deren Belustigung: Wenn dann persische Krieger in Kampfmontur schelmisch zur stöhnenden Hundeszene kichern und Athener über das Flachlegen der vorvergewaltigten (und deswegen verklemmt-bieder-grausamen) Artemisia witzeln, und selbige sich dann mit Sätzen wie „Du kämpft härter als du fickst.“ (!) rächen darf, kommt mir schon ein wenig das Lagneseeis hoch.

Vielleicht tue ich dem Film ja unrecht. Bin nach 5 Minuten eingeschlafen und dann bei irgendeiner Seeschlacht aufgewacht, dann bei einer Bumsszene und dann wieder bei einer Seeschlacht. Aber was will man machen, wenn man hinten und vorne nicht begreift, warum mich diese langweiligen Personen jetzt interessieren sollen und man schon beim ersten Satz merkt, dass das kräftig in die Hose geht. Lieber Murro, nur so als Erinnerung. DAS war die Eröffnungsszene beim Original 300. Schau dir die Cadrage an, die Bewegung der Kamera, den Schnitt – und dann höre vor allen Dingen auf den Off-Text. Seine Wortwahl, seine scheinbare Einfachheit. Merkst du was? Es gibt einen Grund, warum mich 300 von Anfang interessiert und 300: Rise of an Empire das pure Gegenteil bewirkt.

Wenn du das nächste Mal brauchbare Off-Texte brauchst, mail mir. Ich schreib dir welche, die funktionieren.

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