Disneyland Paris‘ verwirrende Marketing-Strategie

Eigentlich wollten Hans und ich heute auf der Freizeitpark-Messe IAAPA ein Feature zur Zukunft des Disneyland Paris machen und das in unserem Format PodCoaster Germany veröffentlichen. Dafür hat sich Disney am Donnerstag den größten Saal bei der Messe besorgt und gleich mal eine 2-Stunden Präsentation angekündigt: „The Future of Disneyland Paris„.

Es geht also um die Zukunft des Pariser Resorts, das ja schon jahrelang von Pech und Missmanagment gebeutelt wurde und seit dem Buy-Out durch die Muttergesellschaft jetzt mit neuem Kapital durchstarten möchte. Überall wurde daher nun die große Ankündigung erwartet: Welche neuen Details zu den Erweiterungen in den Walt Disney Studios würden bekannt werden? Vielleicht doch ein neuer Ride für den Park nebenan? Oder zumindest ein paar neue Artworks?

Wer nicht für die Presse arbeitet darf zahlen. 135 € kostet der Spaß. Wer im Branchenverband ist spart sich immerhin 40 €. Dafür gibt’s zumindest was zu Essen. Der Saal ist gut gefüllt, man hat scheinbar alle Tickets losbekommen. Gerade mal zwei Hand voll Presseleute sind da, der Rest sind Industriemenschen, die sich erhoffen, ein paar Neuigkeiten vom Marktführer aus erster Hand und brandaktuell zu erfahren.

Ich frage mich echt, wie veralbert sich die Personen am Ende gefühlt haben müssen, die für diesen Quark Geld hingeblättert haben. Disney hat zwei Stunden lang absolut nichts abgeliefert. Und das, obwohl es am Mittwoch sogar noch eine Probe(!) für diese Quatsch gab. Absolut jeder, mit dem ich sprach, war sprachlos.

Es geht damit los, dass die Presseleute im Saal platziert werden, nur um ihnen mitzuteilen, dass die Pressekonferenz in einer Dreiviertelstunde beginne. Ich runzele die Stirn und frage nochmal nach. Tatsächlich, denn erst mal würde gegessen. Okay, verständlich. Aber wissen die Leute eigentlich, dass meine Zeit hier kostbar ist? Als Presse krieg ich nichts zu essen, also was soll ich tun? Blöd rumsitzen? Kommunikationsqualität schon mal mangelhaft, den Fahrplan sollte man schon vorab mitteilen.

Also verlasse ich den Raum und versuche ein Interview mit JoraVision, das ich extra wegen der Präsentation abgesagt habe, doch noch zu bekommen. Es klappt gerade noch so. In den kommenden 30 Minuten erfahre ich gefühlt 1000% mehr über Thematisierung, den Prozess eines Subunternehmers für Darkrides und die neue Europa-Park-Themenfahrt Snorri Touren als was die armen Gäste im IAAPA Theater über Disney (nicht) erfahren werden.

Danach wird zurück ins Theater gehetzt, denn die erste Stunde ist rum. Vielleicht haben wir die große neue Ankündigung ja schon verpasst, denken wir uns. Doch: Absolut nichts ist passiert.

Disneyland Paris COO Daniel Delcourt ist zwar nun auf der Bühne, aber er spricht ne knappe Stunde nicht über die Zukunft von Disneyland sondern über die Vergangenheit. Laut Konferenzplan sollte der Vortrag vom Englischen ins Französische gedolmetscht werden. Doch jetzt ist es anders, denn Delcourt spricht nur französisch. Die Dolmetsch-Geräte bei uns haben Breakups, weil sie sich mit der Handy-Frequenz beißen. Trotzdem hören wir irgendwas davon, wie Delcourt Galaxy’s Edge für Anaheim und Orlando lobt, das „ja bereits geöffnet hat“. Immer wieder schön, wenn man selbst von den Führungskräften daran erinnert wird, wie das Pariser Resort doch vernachlässigt wird.

Egal, gibt eh noch nichts Neues… Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt dann mit David Wilson endlich jemand von Walt Disney Imagineering, der nun hoffentlich das Ruder rumreißt. Er hat noch 20 Minuten Zeit.

Doch auch hier: Pustekuchen.

Denn nichts, was Wilson erzählt oder zeigt, wurde nicht schon rund zwei Wochen früher bei der Disneyland Media Expo gezeigt. Die Presse kommt sich mehr als veralbert vor. Wer kommt nur auf so eine Idee? Leute zahlen lassen, Presse einladen, riesiges Theater mieten um dann MIT NICHTS relevantem aufzutauchen? Nicht mal ein neues Artwork? Absolut rein gar nichts? Schlimmer noch: Zahlreiche Fanseiten liefern bereits deutlich mehr Material als das, was Disney hier gegen Bezahlung präsentiert. Sie recherchieren in Stadtarchiven nach Landschaftsplänen oder holen sich die Details von anderer Quelle. Kurzum: Welchen Sinn hat denn so eine Feature Presentation noch, wenn selbst die Person, die Einblicke geben sollte, maximal den Text von Pressemappen runter rasselt?

Das Schlimme: Disney hat bereits bei den letzten Presse-Events quasi nichts zur Pariser Location verlauten lassen. Auch die Disney eigene Expo D23 war 2019 ein ziemlicher Reinfall, wenn man sich für die europäische Depandance interessiert. Aber dort war es eben auch keine Präsentation, die sich speziell an die Zukunft von Disneyland Paris richtet.

Wie passiert sowas? Ich verstehe das einfach nicht.

Es ist offensichtlich, dass man damit alle vergrault. Ich habe bislang keine positive Stimme zu dem Event gehört. Es gibt auch für die Presse keinen Grund, ausufernd über das Event zu berichten, denn alle, die dort vor Ort sind, wissen die Informationen längst. Wie passiert das? Wie kommt man auf die Idee, nicht wenigstens eine Neuigkeit mit zu nehmen?

Das kann entweder nur eine kurzfristige Umplanung gewesen sein, weil eine Bombe kurzfristig doch nicht platzen durfte oder absolute Unfähigkeit, die Themenfelder PR, Selbstwahrnehmung und die Erwartungshaltung von Nutzern zu verstehen. Wenn es letzteres ist, dann verstehe ich mittlerweile auch, warum das Resort, dass diesen Montag trotzdem wieder rappelvoll war, so unfassbar schlecht geführt wird und zu wenig Geld verdient. Dann sind so Probleme wie bei unserem Besuch, bei dem ein Restaurant einfach mal beschließt, zur Mittagszeit eine Pause einzulegen, vermutlich noch die kleinsten Probleme im Branchenverständnis.

Hoffentlich ändert sich das bald, denn lange kann man in Paris mit so einer Einstellung nicht mehr weitermachen. Die Konkurrenz schläft nicht und überholt von allen Seiten. Wir jedenfalls haben die Präsentation selbst mit viel Wohlwollen nicht aushalten können und sind dann zurück auf den Show Floor. Da sprechen wir doch lieber mit den Machern und Familienunternehmen, die was zu erzählen haben, als mit einem scheinbar überforderten Management mit einer verwirrenden Kommunikationsstrategie.

Und würde ich das Disneyland Paris nicht so lieben, würde ich mich nicht so sehr über das alles ärgern müssen… *Haare rauf*

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