Lektüre: James Damore vs. Google

Man mag von der Anklageschrift von James Damore und David Gudeman jetzt halten was man will (und von seinen Aussagen sowieso), aber spannend ist das Dokument allemal. Ich selbst kenne ja so Kommunikationsprozesse in riesigen Firmen nicht, wo ganz viele Leute miteinander über scheinbar alles mögliche sprechen, was nicht mal direkt mit der Arbeit zu tun hat.

Jetzt mal vorausgesetzt, die da angebrachten Indizien stimmen (das weiß ich natürlich nicht, aber das werden Gerichte herausfinden): Mich hat es doch echt gewundert, dass das intern so ideologisch werden kann. Dabei spielt es für mich auch keine Rolle, wer nun auf welcher Seite steht. Sowas hat für mich einfach in einer Firmenkommunikation nichts verloren. Gerade eine Machtkrake wie Google sollte doch eigentlich wissen, dass sie sich politisch nur so neutral wie möglich verhalten kann. Erstaunlich wie schnell das da aus dem Ruder läuft, teilweise richtig unverschämt wird.

Wenn das dann tatsächlich soweit geht, dass Google interne Blacklisting-Tools von Mitarbeitern erlaubt (beginnt so ab Punkt 141), dann hat man dort Grundsätze von Pluarlismus, Demokratie, Teamgeist, sozialer Kompetenz, Face-2-Face-Kommunikation, Dissenz- und Debattenkultur tatsächlich nicht verstanden, sondern nutzt seine (technischen) Möglichkeiten aus rein politischer Ideologie. Das kann man sich wohl bei der Größe von Google leisten, wo man sich scheinbar seine Teamkollegen und Mitarbeiterkollegen aussuchen oder abschirmen kann.

Und das ist als Mitarbeiter für ein Unternehmen der Mächtigkeit Googles schlicht eine rote Karte.

Ich bin der letzte, der die Ansichten dieser Kläger teilt, aber wenn man ihnen mit den Mitteln begegnet, die wir an ihnen oft anprangern (wenn die Anklage stimmt ggf. noch deutlich schlimmer), anstatt ihnen mit Argumenten, Debatten und den Regeln der Rechtsstaatlichkeit zu begegnen (das schließt eine Kündigung nicht aus, aber hier geht es um mehr), dann macht mir die politische Arbeitsideologie eines mächtigen Konzerns für mein Privatleben viel mehr Sorgen. Ein Konzern, bei dem sich die Mitarbeiter möglicherweise eine eigene Heile-Welt-Bubble bauen, weil sie ernsthaft glauben, Ignoranz gegenüber Problemen sei eine Lösung.

Warum? Weil sich das Blatt selbst bei einem Konzern wie Google auch um 180° drehen kann.

Es geht auch um Verantwortung. Mir ist klar, dass das nur Firmeninterna ist. Aber Firmeninterna führt auch zu Firmenkultur. Schwarze Listen finden auch Diktatoren super. Nur dann stehen da genau die anderen Leute drauf. Vielleicht irgendwann mal man selber. Und dann kann man noch nicht mal was gegen die Überwachungs-Ausgrenzungs-Infrastruktur sagen, welche die „Guten“ im schlechten Beispiel vorangehend für sie aufgebaut haben…

Wichtiger Disclaimer: Mir ist vollkommen klar, dass das absolute Ausnahmefälle sein können (vermutlich sind!) und alle Google-Mitarbeiter, die ich kenne, zählen zu den offensten Menschen. Es ist auch klar, dass bei einem Konzern der unfassbaren Größe Googles ganz viele solche Sachen passieren (z.B. auch das hier). Mir ist auch klar, dass die Anwälte das genau in den Kontext rücken, den sie brauchen und zahlreiche Auslassungen gemacht haben. Natürlich muss man jetzt auch die andere Seite anhören und deswegen sprach ich oben auch davon, dass ich jetzt einfach mal ganz bewusst von dem einen Kontext ausgehe, ganz bewusst auslassend, so lange keine weiteren Informationen in dem Gerichtsurteil bekannt sind.

Hier geht’s zur Akte.

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